„Nicke mit dem Beat und beweg dein Arsch …“ – Rock ‘n’ Heim Festival 2014 – Tag 3: Placebo, The Prodigy, Die Fantastischen Vier, Deichkind

Sogar die Affen rocken beim RNH - Foto: PR/Marek Lieberberg KonzertagenturDa laust mich doch der Affe: Der Sonntag beim Rock ‘n’ Heim Festival versöhnt mich mit der Welt und liefert mit Placebo, The Prodigy, den Fantastischen Vier und Deichkind einen fulminanten Abschluss. Ja, sogar die Sonne kommt kurz raus!

Die erste Überraschung des Tages ist aber nicht das Wetter, sondern die Frisur von Brian Molko.

Placebo beim Rock ‘n’ Heim Festival 2014: Haare schön, Musik gut

Placebo-RockNHeim170814_EReznicek_wpWährend Placebo musikalisch wirklich nichts Neues bieten (Songs wie der wunderbare Industrial-Reißer „One Of A Kind“ und „Space Monkey“ vom „Meds“-Abum kann man aber durchaus noch hören, denn sie werden auf den Punkt rausgehauen), gibt der Frontmann auf der Bühne eine herrliche Drama Queen ab – inklusive akkurat geschnittenem Bob, der einzig wahren Frisur jeder Grande Dame. Nie hat jemand pathetischer genölt und dabei so fesch ausgesehen wie Molko.

Fast möchte man bei seinem Anblick Die Ärzte mit „Mein Baby war beim Friseur“ heraufbeschwören. Aber dafür ist keine Zeit, schließlich überschneidet sich das Placebo-Set mit dem Headliner-Gig von den Fantastischen Vier auf der Beck’s Revolution Stage. Schnell rüber …

Die Fantastischen Vier beim Rock ‘n’ Heim Festival 2014: Back to oldschool

Fanta4_RockNHeim170814_EReznicek_wpBevor man sich fragen kann, wer das nur so bescheuert terminiert haben kann (ja, ich weiß es …), gehen Feuer-Fontänen auf der Bühne los und die Band reimt sich fröhlich auf ein „Thunder“-Sample von AC/DC warm. Holla, das ist doch mal eine Ansage! Je länger das Set dauert, desto klarer wird auch: Egal ob Rocker oder Techno-Jünger, Teenager oder Thirty-Something – diesen alten Säcken, die fröhlich über Altersflecken auf der Hand texten und das obligatorische „Wir können euch nicht hören“ ganz buchstäblich meinen, bleibt man gerne „troy“!

Die Urgesteine der deutschen Hip-Hop-Szene feiern aktuell ihr „25“-Jähriges, im Herbst erscheint zudem das neue Album „Rekord“, aus dem am Ring ebenfalls einige Songs vorgestellt werden. Man darf gespannt sein, schließlich grooven auch die neuen Sachen ohne Wenn und Aber. Richtig Party ist jedoch bei den „ollen Kamellen“, wie sie von der Band lachend angekündigt werden. Wie in guten alten Zeiten fliegen bei „Sie ist weg“ und „Was geht“ BHs auf die Stage, zeigt sich das Publikum textsicher und die Band überaus gut gelaunt. Selbst für den Alarm auf der Nachbarbühne (The Prodigy spielen nicht nur „Poison“ weiterhin in einer markerschütternden Lautstärke; und erneut die rhetorische Frage: wer bei Verstand legt diese Bands parallel?) gibt es noch den einen oder anderen Witz to go. Mit „Tag am Meer“ klingt das Set aus – es ist die Ruhe vor dem Sturm, schließlich kommen als Abschluss Deichkind!

Deichkind beim Rock ‘n’ Heim Festival 2014: Seid ihr – schon am Limit?!

Deichkind-RocknHeim_170814_EReznicek_WPDie Hamburger Band kann man nur lieben oder hassen. Die einen halten Deichkind für haltlos überschätzt und eine Party-Sauf-Idioten-Truppe vor dem Herrn. Die anderen sehen echtes Potenzial, die sozialkritische Note in den Texten (jaha!) und eine großartig inszenierte Bühnenshow mit mehr Requisiten als bei jeder anderen Band. Ich gehöre zu den anderen. 🙂

Deichkind habe ich beim Portland Open Air 2012 in Hamburg zuletzt live gesehen – und auch am Hockenheimring geben die Spaßgesellschafter wieder richtig Gas. Neue Songs wie „Bück dich hoch“, „Egolution“ und „Illegale Fans“ sind in der Tat „leider geil“! Und die alten Sachen wie „23 Dohlen“, „Arbeit nervt“ und „Bon voyage“ sowieso. Ein total durchgeknallter Abschluss für ein Festival der gemischten Gefühle!

Das letzte Wort: Die Sache mit der Organisation

RocknHeim02_150814_EReznicek_wpDie Marek Lieberberg Konzertagentur gehört als Veranstalter zu den Big Playern, was man bei diesem Festival nicht einmal ansatzweise gemerkt hat.

Völlig unverständlich ist für mich, warum man keine Shuttlebusse vom Bahnhof und vom Camping F einsetzt, sondern den Leuten mindestens 45 Minuten Fußmarsch zum Gelände zumutet. Als Pressevertreterin war ich am ersten Tag sogar 2 Stunden zu Fuß in Gummistiefeln vom Bahnhof zum Media Center unterwegs, da weder die Entfernung noch die genaue Lage kommuniziert wurden und auch die Security nicht Bescheid wusste, wo man eigentlich mit diesen „seltsamen Pressevögeln“ hin soll (10 Leute gefragt, 2 Leute konnten schließlich helfen). Das geht gar nicht!

Die Taxi-Fahrer haben vor allem nachts davon profitiert und konnten sich ihre Gäste und Fahrpreise selbst nach dem Motto „wer am meisten zahlt, darf mit“ aussuchen (einer sagte mir auf Nachfrage ganz klipp und klar: „Die meisten machen nur weite Fahrten … Mannheim … Schwetzingen … du hast Glück, dass ich dich zum Bahnhof mitnehme!“).

Auch die von vielen Festivalbesuchern zu Recht kritisierte hygienische Situation (zu wenige Dixies und Trinkwasser-Stationen …) ist mehr als fragwürdig und sollte dringend  überdacht werden. Last, not least: Die kleinere Stage – wo immerhin auch große Namen wie die Fantas und Outkast gespielt haben – ohne Videoleinwände auszustatten, ist ein echtes No-Go.

Kurzum: Aller guten Dinge sind hoffentlich drei. Es kann beim Rock ‘n’ Heim 2015 in vielen Punkten wirklich nur besser werden!