Interview mit Small Fires – Indie-Pop aus Hamburg „Set to glow“

Small Fires backstage in Karlsruhe (Foto: Elisa Reznicek)

Small Fires backstage in Karlsruhe (Foto: Elisa Reznicek)

Über Small Fires aus Hamburg wusste ich vor dem Interview-Termin nicht viel, außer dass die Hamburger bereits zum zweiten Mal mit BOY auf Tour waren. Sonst findet man online nämlich (noch) fast nichts über das neue Indie-Pop-Trio. Ein guter Grund mehr persönlich mit Benjamin Galliers (Vocals, Drums), Lars Dahlke (Gitarre) und Ruben Seevers (Keyboard, Bass, Vocals) zu reden …

Bewaffnet mit der 2015 veröffentlichten EP „Charcoal & Vines“ und einem ziemlich schlanken Pressetext, der mal wieder alles und gleichzeitig nichts bedeuten konnte („atmosphärische Mischung aus Indie-Pop und Elektronik“, „pulsierende Rhythmen“, „erzählerische Texte“ …), machte ich mich auf ins Tollhaus Karlsruhe. Hier traf ich die Band vor dem Support-Gig für BOY. Bei einem Bier redeten wir über reduzierte Sounds, die guten alten Rock ’n‘ Roll-Klischees und warum sich selbst der schlimmste Gig manchmal als echter Glücksfall herausstellen kann.

Elisa Reznicek: Seid ihr schon den ganzen Tag in Karlsruhe?

Lars Dahlke: Ja, wir waren sogar relativ zeitig heute hier, aber haben leider nichts von der Stadt gesehen. Wir waren nur im Hotel und hatten dann noch Kram zu erledigen.

Ruben Seevers: Hotelsachen. Bookings. Upload-Krempel. Ein bisschen nervig.

Elisa Reznicek: Das klingt aber nicht sehr nach Rockstar-Leben!

Lars Dahlke: Och, wir haben immerhin ein lustiges Facebook-Video.

Elisa Reznicek: Das mit dem Bier von neulich? Ja, das hab ich gesehen. [allgemeine Heiterkeit bricht aus]

Small Fires Facebookvideo - einfach anklicken zum Öffnen

Small Fires Facebookvideo – einfach anklicken zum Öffnen

Ruben Seevers: Ein kleiner Tourgag, der bei einigen Autofahren gereift ist.

Elisa Reznicek: Ihr seid noch nicht so wahnsinnig präsent im Internet. Erzählt gerne ein bisschen was über euch.

Ruben Seevers: In Erscheinung getreten sind wir vor ziemlich genau einem Jahr. Im Februar haben wir unser „Set to Glow“-Video veröffentlicht. Davor haben wir uns im Studio verschanzt, Songs geschrieben und unseren Sound entwickelt. Dass Ben zum Beispiel trommelt und singt war nicht von Vornherein so. Wir mussten erst herausfinden, dass er das gut kann und dass es musikalisch funktioniert.

Lars Dahlke: Der erste Auftritt war im Mai letzten Jahres in Hamburg. Wir haben erst einmal in Hamburg gespielt, vor allem schöne Club-Konzerte. Und dann kam auch schon die Herbsttour mit den Damen von BOY, was dem ganzen Bandprojekt natürlich gutgetan hat.

Elisa Reznicek: Wie seid ihr denn mit BOY zusammengekommen? Kanntet ihr euch schon vorher oder haben sie euch mal live gesehen?

Lars Dahlke: Beides.

Benjamin Galliers: Die kannten Lars noch von früher. Also sind sie zu einem Konzert von uns nach Hamburg gekommen.

Ruben Seevers: Das war das totale Katastrophen-Konzert, tagsüber bei der Altonale. Wir hatten einen total seltsamen Tontechniker, der überhaupt keinen Bock hatte. Er ist einfach früher gegangen und hat uns uns selbst überlassen. Außerdem stand da so ein Currywurst essender, komischer Typ am Geländerrand, den unsere Musik gar nicht interessiert hat. Wir dachten echt: ‚Oh Gott, wir liefern heute totalen Murks ab.‘ Aber die BOY-Mädels Valeska und Sonja waren da und mochten es – insofern ist alles doch noch gut gelaufen.

Lars Dahlke: Ja, schade, dass sie gerade zu diesem Konzert gekommen sind. Aber gut. Es hat sie ja nicht davon abgehalten uns mitzunehmen. [lacht] Insofern hat sich auch dieser Auftritt letzten Endes noch gelohnt.

Elisa Reznicek: Nach den Support-Gigs für BOY geht’s gleich weiter …

Ruben Seevers: Ja, dann touren wir mit einer englischen Band Coasts. Wir sind für die deutschen Termine zuständig.

Lars Dahlke: Durch die Support-Gigs werden wir bekannter. Als Newcomer ist es eine gute Sache.

Ben Galliers mit Elisa

Ben Galliers mit Elisa

Elisa Reznicek: Ist das aber nicht manchmal auch schwierig? Ich meine, ihr macht ja nicht gerade Alarm-Rock, sondern mehr melodisch-atmosphärischen Indie-Pop.

Ruben Seevers: Bei BOY geht das super, da die musikalische Schnittmenge passt. Die Leute nehmen das gut an.

Benjamin Galliers: Ich denke, darüber darf man auch nicht so viel nachdenken. Man sollte einfach seine Musik machen und gucken, wie’s läuft.

Elisa Reznicek: Und, wie läuft’s?

Benjamin Galliers: Tierisch! BOY-Fans sind coole Fans. Die sind wirklich die ganze Zeit über nett zu uns.

Ruben Seevers: Ja, sie sind sehr offen und nicht so musikalisch festgelegt.

Elisa Reznicek: Es gibt natürlich viele Bands, die melodischen Indie-Pop machen. Was würdet ihr sagen: Was hebt euch von den anderen ab?

Lars Dahlke: Wir haben ein spezielleres Set-up, weil Ben ja seine Trommeln spielt. Es ist alles reduzierter und es gibt kein großes Schlagzeug-Set. Auch die elektronischen „Knistersounds“ sind etwas Besonderes.

Benjamin Galliers: Wir folgen dem Prinzip mit wenigen Mitteln viel Sound zu schaffen.

Elisa Reznicek: Ein Label habt ihr aber noch nicht, oder?

Ruben Seevers: Nein, wir suchen noch. Genug Songs hätten wir auf jeden Fall zusammen.

Lars Dahlke: Wir hoffen schon unser Debüt-Album noch dieses Jahr veröffentlichen zu können.

Ruben Seevers: Vieles könnten wir auch selbst machen. Wir sind quasi „produzier-affin“ und haben ein Studio, in dem wir auch proben. Hier kann man auch mal schnell etwas aufnehmen.

Lars Dahlke: Das haben wir auf der EP auch so gemacht. Vieles hatten wir schon vorproduziert. Swen Meyer hat dem Ganzen dann noch in diversen Nachtschichten den letzten Schliff gegeben.

Elisa Reznicek: Kanntet ihr euch eigentlich alles schon von anderen Projekten?

Benjamin Galliers: Ich kannte sie vorher nicht wirklich. Lars und Ruben haben lange Musik zusammen gemacht und ich kam dann einfach dazu. Eigentlich, weil ich zufällig zum Nachbarn wurde, als ich nach Hamburg gezogen bin. Also haben wir uns im Proberaum getroffen und ein bisschen Musik gemacht.

Elisa Reznicek: Ihr habt neben Small Fires auch noch weitere Projekte. Bei dir, Ben, habe ich schon reingehört. Könnt ihr darüber abschließend noch kurz etwas sagen?

Ruben Seevers: Ja, ich spiele noch Keyboard bei Gloria. Aber da bin ich kein Kreativer, sondern nur ein Bandmusiker, der mit auf Tour fährt oder im Studio ein paar Sachen macht. Small Fires ist mein Ding.


Interview & Fotos: Elisa Reznicek, lebelieberlauter 2016