Von der Konzertreihe „Das Vereinsheim“ habe ich bislang nur Positives gehört. Nach dem Abend in der Scenario Halle weiß ich auch, warum! Wenn Vereinsleben immer so wäre, gäb’s wohl keine Nachwuchssorgen mehr in dem kleinen feinen Club namens „Ich steh’ auf gute Livemusik. Und du so?“.
Es ist brechend voll im Kulturzentrum Tempel. Es wird gelacht, gesungen und getrunken. Es ist. Punkt. Genau richtig so.
Ausverkauft und trotzdem familiär: DAS VEREINSHEIM – VOL XIII
Die Stamm-Mannschaft mit Tommy Baldu (Schlagzeug), David Maier (Stimme), Nico Schnepf (Tasten), Michael Paucker (Bass) und Haegar (hammer Visuals) gibt alles, ohne aufgeregt die Welle zu machen. Die Gäste Tom Liwa, Miss Kenichi und Ómar Guðjónsson sind nicht nur da, sondern dabei – was nicht unbedingt das Gleiche bedeuten muss, wie die Erfahrung lehrt. Die Bühne inmitten des Zuschauerraums ist klein, rund und kuschelig. Sie wird mal in die eine, mal in die andere Richtung bespielt. Perfekte Voraussetzungen also für ein intimes Konzert vor rund 280 Leuten. Ausverkauft und trotzdem familiär. Na bitte.
Eigenwilliger Look, wunderschöne Texte: Tom Liwa
Herzpoet Tom Liwa schickt ein leises „Ich sing den Zauber hinein in dein Leben“ in die Nacht. Und tut es. Der Mann im alternativen Strickliesel-Look (von Kopf bis Fuß umhäkelt und über weite Partien in ein weites Tuch eingekuschelt) schreibt noch immer die vielleicht schönsten deutschen Texte. Gut 30 Alben gibt es von und mit ihm. Auf den besten davon lässt er in seinen Melodien Welten entstehen. Unaufgeregt, leise, tiefgründig. Und ganz und gar wunderbar.
Mark Forster hat Sendepause: David Maier
In eine ähnliche Richtung orientiert sich auch einer der Gastgeber: David Maier erinnert mich in Titeln wie „Fähre nach Helsingborg“ stilistisch etwas an Gisbert zu Knyphausen. Was ja nicht die schlechteste Referenz ist. Zumindest serviert man(n) hier nicht den Einheitsbrei, den Mark Forster und Co. zerkochen. Was beweist: man kann durchaus gefühlige deutsche Texte in Musik verpacken, ohne die immer gleichen Rhythmen und melodiösen Triggerpunkte zu bemühen. Das groovt und ist trotzdem in den richtigen Momenten fokussiert statt plakativ.
Ruhig und aussdrucksstark: Miss Kenichi
Miss Kenichi (Gesang, Gitarre), die ab dem 9.3.2016 mit den Tindersticks auf Tour ist, hat ihr Album „The Trail“ im Gepäck. Was sich auf der Studioaufnahme teils durch seine dunkle Note als etwas schwer zugängliche Herbstmusik präsentiert, entfaltet live einen besonderen Reiz. Das entrückte Indie-Folk-Ambient-Geflecht schwebt seelenruhig und atmosphärisch durch den Saal, während sich ein Universum an Sounds und Klängen entfaltet. Songs wie „Who Are You“ sind definitiv nicht zum schnellen Konsum geeignet (wäre auch zu schade). Sie unterstreichen, wie das Große im Kleinen wirken kann.
Iceland – 12 points: Ómar Guðjónsson
Das extrovertierte Gegenstück zu Miss Kenichi und Tom Liwa liefert Ómar Guðjónsson, den man natürlich von den phänomenalen ADHD kennt (oder spätestens jetzt kennen lernen sollte). Ob „nur“ begleitend an der Gitarre oder mit seinen eigenen Songs auf Englisch und Isländisch – dieser Kerl rockt (bluest, indie-frickelt, twangt, jazzt …), ist witzig und im genau richtigen Maß verrückt. Angesicht dessen möchte man wider aller Vernunft dem Running Gag des Abends glauben: Ende des Jahres wird das Vereinsheim in Island „eröffnen“ *zwinker, zwinker*. Die Reise dorthin würde sich definitiv lohnen!
Fotogalerie: DAS VEREINSHEIM mit Ómar Guðjónsson, Tom Liwa & Miss Kenichi
Viel Spaß mit meinen Fotos vom Vereinsheim in Karlsruhe. Das nächste findet übrigens am 11.6.2016 in der Scenario Halle Karlsruhe statt.
Text und Fotos: Elisa Reznicek, lebelieberlauter.de 2016
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